BAV-Veränderlichen-Beobachter-Treffen 2003 in Hartha

Von Gerd-Uwe Flechsig

Mit 24 Teilnehmern fand sich am 17. Mai 2003 eine stattliche Anzahl Veränderlichenbeobachter in zwangloser Atmosphäre zum alljährlichen Treffen der Bundesdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V. (BAV) auf der Bruno-H.-Bürgel- Sternwarte in Hartha (Sachsen) ein. Bereits am Vortag kam die schon traditionelle abendliche Runde im Restaurant des Hotels "Flemmeninger Hof" zusammen. Auch in diesem Jahr ließen es sich viele Veränderlichenbegeisterte nicht nehmen, teilweise von weit her anzureisen. Die Spanne reichte dabei von Karlsruhe bis Rostock. Dies belegt, dass das Treffen in Hartha zu einer schönen Tradition und einem jährlichen Höhepunkt für Veränderlichenfreunde in ganz Deutschland geworden ist, neben der BAV-Tagung, die alle zwei Jahre stattfindet. Das Treffen wurde von erstmals vom neuen 1. Vorsitzenden Gerd-Uwe Flechsig geleitet.

Einen Schwerpunkt bei den Vorträgen bildete die Veränderlichenastronomie mit Hilfe von CCD-Systemen. Den Auftakt dazu machte Franz Agerer mit einem Beitrag über seine Systeme zur automatischen CCD-Fotometrie. Dabei wird sowohl die Auswahl der in der betreffenden Nacht beobachtbaren Veränderlichen, als auch die wiederholte Ansteuerung und Messung mit Hilfe von Computerprogrammen vorgenommen. Das System kann die Nacht hindurch sich selbst überlassen werden. Lediglich die Auswertung der Lichtkurven erfordert noch einige Stunden Arbeit.

Hans Jungbluth beschäftigte sich in seinem Beitrag mit CCD- Beobachtungen an V874 Her. Dabei waren zunächst Unregelmäßigkeiten im vorliegenden Karten- und Beobachtungsmaterial der ersten Beobachter dieses Sternes zu verzeichnen. Der angegebene Wert von 1 mag für die Amplitude des Lichtwechsels war falsch und wurde zu 0.5 mag neu bestimmt. Die Periode von 0.255 Tagen konnte ebenfalls nicht bestätigt werden. Da sich außerdem Widersprüche zum bisher angenommenen Sterntyp (b Lyrae) zeigen, sollen zur Klärung Messungen mit höherer zeitlicher Auflösung folgen.

Wolfgang Quester referierte über die Maximumsbestimmung von RR- Lyrae-Sternen, speziell bei TU UMa. Die CCD-Lichtkurve kann nach verschiedenen mathematischen bzw. geometrischen Methoden ausgewertet werden, wobei die Maximumswerte um mehrere Minuten voneinander abweichen. Zuweilen treten als besondere Schwierigkeit auch Doppelmaxima auf. Daher ist auf ein international einheitliches Auswerteverfahren Wert zu legen. Die erfolgversprechende Verwendung von mathematischen Schablonen, die jeweils über das beobachtete Maximum gelegt werden, wurde am Beispiel von TU UMa erläutert.

Auch die visuelle Beobachtung spielt eine wichtige Rolle in der BAV. Klaus Häußler berichtete über seine visuelle Bearbeitung von Sonneberger Photoplatten im Gebiet um den Stern Kappa Oph. Es wurden insgesamt an die 400 Platten gesichtet, nur etwa 120 erwiesen sich als brauchbar für den gewünschten Größenklassenbereich um 15 mag. Auf ihnen wurden u.a. 17 RR Lyrae-, 10 Mira- bzw. halbregelmäßige sowie 3 bedeckungsveränderliche Sterne bearbeitet.

Ralf Meyer berichtete in seinem Beitrag über den Bedeckungsveränderlichen WW Draconis. Der BAV-Programmstern ist relativ schwierig zu beobachten und wahrscheinlich deswegen nur selten bearbeitet worden. Die Bedeckung dauert 13 Stunden und in der Umgebung finden sich nur wenige Vergleichssterne. Zudem gibt es einen mit 8" recht nahen Begleitstern, der die Amplitude beeinträchtigt, sofern man das System nicht im Telekop auflöst. Trotz dieser Schwierigkeiten konnte die BAV bislang 10 visuelle Ergebnisse beisteuern.

Die Frage, ob der Bedeckungsveränderliche RX Herculis einen Bereich konstanter Helligkeit im Minimum (ein "kleines d") aufweist, wurde von Werner Braune diskutiert. Als Fan der "klein d"-Problematik bei Bedeckungsveränderlichen fielen ihm widersprüchliche Literaturangaben zu dem Stern auf. Der Krakauer Veränderlichenkatalog gab 0.7 (Ausgabe 1964) bzw. 0.9 Stunden für die Dauer des konstanten Helligkeitsminimums an. Der GCVS lieferte keine Daten dazu, und die "Finding List of Eclipsing Binaries 1980" lieferte den Wert von 0 Stunden. Schiedsrichtend wirkte eine Anfrage bei der Sternwarte Ankara, die den Stern aktuell dreimal gemessen hatte mit "klein d" zwischen 0.71 und 0.92 Stunden. Der Fall kann damit als geklärt angesehen werden.

Einen weiteren Schwerpunkt des Treffens bildete die Arbeit in der BAV.

Thorsten Lange erläuterte das aktuelle Verfahren, wie in der BAV Einzelschätzungen gesammelt und an andere Organisationen in Frankreich und den USA weitergeleitet werden. Dabei wird neuerdings die Einsendung per Email bevorzugt. Schriftliche Berichte werden aber nach wie vor entgegengenommen und von BAV- Mitgiedern in die entsprechenden EDV-Formate übertragen. Schließlich wird alles in elektronischer Form an die AAVSO in den USA, bzw. die AFOEV in Frankreich weitergeleitet.

Joachim Hübscher gab Auskunft zur Entwicklung zweier BAV- Datenbanken. Einerseits sollen die Lichtkurvenblätter aller abgeleiteten Minima und Maxima eingescannt und elektronisch abgespeichert werden. Andererseits soll die von Dieter Lichtenknecker Anfang der 80er Jahre begründete Datenbank mit einer Sammlung aller publizierten Minima bedeckungsveränderlicher Sterne bis 12 mag Helligkeit mit moderner Software lesbar zusammengefasst auf einer CD untergebracht werden. Die Datenbank kann Interessenten somit leichter zur Verfügung gestellt werden.

Der Beitrag von Gerd-Uwe Flechsig über das US-Projekt "LSST" zur Überwachung des Himmels mit Hilfe eines 8-Meter Großteleskopes tangierte die BAV-Arbeit dahingehend, dass potentiell die Arbeit der Amateure in der Veränderlichenbeobachtung an Bedeutung verlieren könnte. Die Teilnehmer des Treffens zeigten sich in einer lebhaften Diskussion aber unbeeindruckt angesichts dieser "Gefahr". Einerseits wurde keine Überschneidung hinsichtlich der Helligkeitsbereiche gesehen, und andererseits die Zuverlässigkeit der langfristigen Tätigkeit (viele Jahrzehnte) einer solchen Einrichtung in Frage gestellt.

Werner Braune gab Auskunft zum Projekt einer neuen "BAV- Einführung in die Beobachtung Veränderlicher Sterne". Das geplante Buch nimmt bereits Gestalt an. Mehrere Kapitel wurden geschrieben und in die BAV-Homepage gestellt. Während der Diskussion tauchte der Wunsch auf, bereits fertig gestellte Texte zu verändern, ggf. Kapitel heraus zu nehmen und als Extra- Heft zu publizieren. Diesen Gedanken wird nicht gefolgt werden, da der Text schon weit fortgeschritten ist.

Der BAV-Vorstand nahm das Treffen als Anlass, um zwei BAV- Mitglieder für ihre langjährige engagierte Arbeit mit je einem Buchgeschenk und einer Laudatio zu ehren:

Helmut Busch erwarb sich große Verdienste um die Veränderlichenastronomie sowohl im von ihm gegründeten und geleiteten Arbeitskreis für veränderliche Sterne (AKV) der DDR von 1972 bis 1992, als auch bei der Leitung der BAV-Sektion "Bedeckungsveränderliche" der mit dem AKV vereinigten BAV von 1992 bis 2002. Joachim Hübscher gestaltet seit mehr als drei Jahrzehnten das jährlich erscheinende BAV Circular mit den Ephemeriden der BAV-Programmsterne und entwickelte es zu einem wertvollen und unverzichtbaren Arbeitsmittel des Veränderlichenbeobachters. Beiden Sternfreunden gilt unser herzlicher Dank!

Die Veranstaltung wurde mit dankenden Worten an die gastgebende Sternwarte geschlossen. Wir freuen uns auf Hartha 2004! Nähere Informationen für Interessenten gibt es bei der BAV, Munsterdamm 90, 12169 Berlin, www.bav-astro.de.

Fotos des BAV Treffens in Hartha 2003


Franz Agerer

Herr Häußler

Herr Jungbluth

Werner Braune würdigt die Arbeit von Joachim Hübscher

Gerd-Uwe Flechsig und Thomas Berthold würdigen die Arbeit von Herrn Busch

Wolfgang Quester

Schulunterricht bei Werner Braune

Die meisten Teilnehmer