Ralf Meyer
TV Cas ist ein schon lange bekanntes und vielfach von Amateuren und Fachastronomen untersuchtes bedeckungsveränderliches Sternsystem. Den Katalogen entnehme ich, dass die massereichere Primärkomponente ein kompakter Hauptreihenstern der Spektralklasse B9 V sein soll, die masseärmere Sekundärkomponente ein entwickelter, aufgedunsener und vergleichsweise kühler Unterriese der Klasse F7 IV. Nach theoretischen Überlegungen muss der Unterriese seine Äquipotential-Fläche (Roche-Fläche) erreichen und Masse an den Hauptreihenstern abgeben. Wir haben also ein halbgetrenntes System vor uns. Beide Sterne umkreisen und bedecken sich von der Erde aus gesehen. Gerät das kompakte, heiße Objekt hinter seinen größeren und lichtärmeren Begleiter, sinkt die Helligkeit des Systems von 7,22 mag auf 8,18 mag. Weil der Unterriese weniger zur scheinbaren Gesamthelligkeit beiträgt und nicht vollständig abgedeckt wird, sinkt im umgekehrten Fall die Helligkeit nur auf 7,32 mag.
Der Stern hat einen in Mitteleuropa zirkumpolaren Himmelsort nahe Rho Cas. Die Koordinaten (2000.0) lauten: 00h19m18s und +59°08,'4. Dieser Ort überquert den Nord-Süd-Meridian ab August in der 2. Nachthäfte - und zwar nördlich des Zenits in etwa 800 Höhe. Im Lauf der folgenden Monate verfrüht sich die Meridianpassage und im Januar finden wir die charakteristische W-Figur der Cassiopeia zum Ende der bürgerlichen Abenddämmerung schon im vierten Quadranten westlich des Meridians. In diesem jahreszeitlichen Fenster können wir von einem Beobachtungsplatz mit freier Nordsicht aus TV Cas die ganze Nacht mit jedem kleinen Fernrohr oder lichtstarken Feldstecher günstig beobachten. Dem BAV Circular entnehme ich die Lichtwechselangaben D=8,2h, d=0h und die Elemente
Min I: JDH 2441595,3582 + 1,8125944 * E (Margrave IBVS 1869, zit.n.SAC73).
Ich muss 3 Stunden vor den Vorhersagen (s. Tabelle) mit der Beobachtung beginnen und insgesamt 5 Stunden einplanen. Das Sternfeld von TV Cas ist gut mit Vergleichssternen besetzt. Deshalb und wegen der großzügigen Amplitude von 1 mag kann der visuelle Beobachter mit 3 Argelander-Intervallen rechnen. Ich beginne mit einem helleren Stern A und einem Stern B, der knapp, aber reproduzierbar schwächer als TV sein soll und schätze alle 15 Minuten. Nach einigen Schätzungen im hellen Licht werde ich bemerken, dass die Helligkeit des Sterns einknickt. Dieses Einknicken ist bei TV Cas schön zu sehen und der Stern ist entsprechend beliebt. Ist er schwächer als B, lege ich nach dem gleichen Schema Vergleichssterne C und D fest. Nach etwa 4 Stunden ist die visuell beobachtbare Lichtschwächung vorbei und der Stern wieder hell. Bis dann sollten mindestens 12 Schätznotizen des Musters Uhrzeit: A5V2B, Uhrzeit: B1V4C, Uhrzeit: C3V3D usw. aufgelaufen sein. Ich kann jetzt ins Bett und werte tagsüber aus.
Die Aufsuchkarte gibt keine Vergleichssterne vor, weil eine Vergleichsstern-sequenz nur für mich und eine Nacht gilt. Jedes Auge funktioniert anders und die Unterschiede der optischen Systeme und der äußeren Umstände wie Dunst und Mondlicht führen dazu, dass die Sternhelligkeiten eines Feldes von Mal zu Mal anders empfunden werden. Wegen örtlicher Lichtempfindlichkeits-Schwankungen der Netzhaut verändert sich eine Helligkeitsstaffelung mit der täglichen und jährlichen Drehung des Sternfeldes im Okular. Erfahrene Beobachter kennen und fürchten diesen sogenannten Stundenwinkelfehler und gleichen ihn durch Veränderung der Kopfposition zum Okular aus.
Die bürgerlichen Vorhersagedaten der folgenden Tabelle sind auf die nächstliegende ganze Stunde gerundet und beschränken sich auf günstig fallende Ereignisse.
2002 OKT 06/07: 21hMESZ 15/16: 23hMESZ 24/25: 00hMESZ NOV 04/05: 20hMEZ 13/14: 22hMEZ 22/23: 23hMEZ DEZ 03/04: 20hMEZ 12/13: 22hMEZ 21/22: 23hMEZ
Hilfe bei der Beobachtung und Auswertung gibt Ihnen die BAV, Munsterdamm 90, 12169 Berlin, E-Mail braune.bav@t-online.de. Hier werden auch die Ergebnisse entgegen genommen, geprüft, veröffentlicht und archiviert.
Verfasseranschrift: Dr. Ralf Meyer, 91717 Wassertrüdingen, Tel.: 09832-65903