Rundbrief Verzeichnis

Aus der Sektion Kataklysmische und Eruptive:
Aktivitäten im vierten Quartal 2002

Thorsten Lange, Bovenden

Das vierte Quartal des vergangenen Jahres blieb noch ruhiger als die vorangegangenen Monate. Keine Nova zeigte sich am Himmel, und besondere Aktivitäten gab es fast nur bei wenigen und dunklen Eruptiven Sternen.

V838 Mon

Im letzten Rundbrief [1] stellte ich den sehr interessanten Stern ausführlich vor. In der Folgezeit zeigt er zwar keine neuen Aktivitäten, blieb aber für mehrere BAV Mitglieder ein lohnenswertes Ziel für CCD Aufnahmen des umgebenden Nebels, der erst durch das Lichtecho des Ausbruchs vom Januar bis April 2002 sichtbar wurde.

In IAUC 8005 [2] berichteten Munari, Desidera und Henden von der Bestimmung der Spektralklasse des heißen Begleitsterns: Es scheint sich um einen normalen B3-Stern zu handeln. Der Zentralstern soll vor dem Ausbruch ein M-Riese mit mindestens 7 Sonnenmassen gewesen sein. Die Rötung des Spektrums durch interstellaren Staub führt auf eine Entfernung von 10500 pc und eine Höhe von 200 pc über der gelaktischen Ebene. Dabei ist der B3-Stern nur 1mag (im Blauen) dunkler als das Gesamtlicht von V838 Mon im Ruhezustand. Dieser Zustand muss vom Zentralstern und einer warmen Scheibe zirkumstellaren Materials bestimmt gewesen sein.

Im September und Oktober lag V838 Mon bei der Spektralklasse ''später als M10'', es muss also ein dramatischer Temperaturabfall stattgefunden haben.

In IAUC 8016 [3] wird von den Auswirkungen dieses Temperaturabfalls auf das Spektrum berichtet. Ende Oktober zeigten sich im Infraroten tiefe Wasser-Bänder, ähnlich wie in gewissen Braunen Zwergen, sowie ein bemerkenswert starkes CO-Band. Insgesamt deuten diese Messungen auf ein besonders kalten Superriesenstern hin.

Anfang Januar zeigte Sky & Telescope auf der Homepage [4] drei Bilder (siehe Abb. 1) die vom Hubble Space Telescope aufgenommen waren. Die Aufnahmen hatte eine Gruppe von Astronomen um Howard E. Bond (Space Telescope Science Institute) während einer Tagung der American Astronomical Society in Seattle am 7.Januar präsentiert. Durch die häufige Beobachtung mit dem HST gelingt es, immer andere Teile des Nebels hochaufgelöst abzubilden, nämlich genau die Bereiche, die gerade durch das Lichtecho beschienen werden. Daraus ergibt sich eine genaue dreidimensionale Karte des Nebels.


Aufnahmen des Nebels um V838 Mon durch das Hubble Space Telescope vom 20.Mai, 2.September und 28.Oktober 2002 (von oben nach unten). Die Bilder wurden mit der Advanced Camera for Surveys (ACS) aufgenommen und unter [
4] veröffentlicht.

Die Gruppe bezifferte die Entfernung des Sterns zur Erde auf etwa 7 kpc. Dies würde sich aus Polarisationsmessungen und aus der sich ändernden Geometrie des Lichtechos ergeben. Aufgrund dieser deutlichen Vergrößerung der Entfernung gegenüber den früheren Berechnungen führte ich eine Diskussion mit Ulrich Bastian im Mail-Forum der BAV: Die einfache geometrische Berechnung der Entfernung aufgrund der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtechos (44'' pro Tag in der ersten Beobachtungsphase bis Mai 2002) führte nämlich auf eine Entfernung von 790 pc.

Wir warten gespannt auf die Veröffentlichung und auf weitere Dinge, die uns V838 Mon noch zeigen wird, dessen Ausbruch Anfang Januer seinen ersten Geburtstag feierte. Aktuelle Ergebnisse erscheinen meistens kurz nach ihrer Veröffentlichung auf einer Sonderseite der BAV Homepage unter [5].

V844 Her

Dieser von BAV Mitgliedern wenig verfolgte Stern des Typs UG/SU UMa bewegt sich in dem Helligkeitsbereich von 12.5mag bis 17.5mag. Die durchschnittliche Ausbruchsperiode beträgt etwa 260 Tage. Bei allen bisher beobachteten Ausbrüchen handelte es sich um Superausbrüche, also um lange und helle Ereignisse. Als Periode der Superbuckel konnten 0.05592 Tage bestimmt werden. Mit der niedrigen, aber relativ regelmäßigen Ausbruchsfrequenz und der kurzen Umlaufzeit des Doppelsternsystems kann es sich bei V844 Her um ein Verbindungsglied zwischen WZ Sge-Sternen und kürzerperiodischen Eruptiven handeln.

Am 23.Oktober und am 21.Dezember ereigneten sich zwei neue Ausbrüche, die fünf bzw. zehn Tage dauerten. Beide Ereignisse blieben in der BAV unbeobachtet.

RX And

Dieser regelmäßig in der BAV verfolgte Stern zeigte Anfang November, kurz nach der Rückkehr aus einem 12 Tage langen Maximum, für wenige Tage einen Mini-Ausbruch um eine Größenklasse oberhalb der Normalhelligkeit des Minimums. Herr Krisch sah den Stern während dieser Zeit ebenfalls heller als gewöhnlich. Im VSNET wurde bereits über eine neue Stillstandsphase bei einer Zwischenhelligkeit spekuliert, als der Mini-Ausbruch schon wieder zuende ging.

Z UMi

Bei Erscheinen des letzten Rundbriefs fiel der Stern gerade in ein tiefes Miniumum. Seit Ende November liegt die Helligkeit konstant bei etwa 15.5mag und ist für die meisten Beobachter der BAV damit unsichtbar. Vielleicht können aber CCD-Beobachter den Stern erwischen. Das letzte tiefe Minimum dauerte von April bis August 2001. Vielleicht geht das aktuelle Minimum bei Erscheinen dieses Rundbriefs schon wieder zuende.

U Gem

Dieser eruptive Stern zeigte am 21.Dezember den ersten Ausbruch nach Erscheinung am Morgenhimmel. Der letzte verfolgte Ausbruch fand Anfang Juni statt und konnte von keinem BAV Mitglied in der Abenddämmerung gesehen werden. Leider verhinderte die Schlechtwetterperiode um Weihnachten eine intensivere Beobachtung durch BAV Mitglieder.

BZ UMa

Diese ungewöhnliche Zwergnova zeigte ihren letzten Ausbruch im Mai 2001 und erreichte dabei 10.6mag Die Orbitalperiode soll sich unterhalb der Periodenlücke befinden, so daß es sich um einen Stern des Typs SU UMa handeln könnte. Bisher konnte noch kein Superausbruch nachgewiesen werden. Am 19.Dezember ereignete sich möglicherweise ein kurzer Ausbruch, der allerdings nur von zwei Beobachtern an das VSNET gemeldet wurde.

CH Cyg

Im letzten Rundbrief berichtete ich von einem Minimum bei CH Cyg. Der darauffolgende Anstieg führte Anfang Januar wieder auf 7.8mag und flachte noch nicht ab.

DO Dra

Die Beobachter von DO Dra warten weiterhin auf einen Ausbruch. Am 11.Oktober gab es im VSNET eine positive Sichtung mit 12.7mag die aber in beiden Zeitrichtungen von negativen Schätzungen im Abstand von jeweils einem halben Tag eingerahmt war und deshalb unklar blieb. Alle bisher verfolgten Ausbruche des Sterne hatten etwa fünf Tage gedauert. Leider gab es zumindest in den an das VSNET gemeldeten Beobachtungen in der zweiten Dezemberhälfte eine nur ungenügende Abdeckung, in die ein solcher Ausbruch hineingepaßt hätte.

Literatur

1
THORSTEN LANGE: V838 Mon - Prototyp einer neuen Veränderlichenklasse?, BAV Rundbrief 4 (2002), S. 173ff

2
U.MUNARI, S.DESIDERA, A.HENDEN, IAUC 8005

3
T.R.GEBALLE, B.SMALLEY, A.EVANS, M.T.RUSHTON, IAUC 8016

4
SKY & TELESCOPE, http://skyandtelescope.com/news/current/article_840_1.asp

5
SONDERSEITE DER BAV HOMEPAGE ZU V838 MON, http://www.bav-astro.de/sterne/monv838/index.html

6
DIVERSE MAILINGLISTEN DES VSNET: http://www.kusastro.kyoto-u.ac.jp/vsnet/

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