Rundbrief Verzeichnis

VV Cep außerhalb der Bedeckung

Ernst Pollmann

Das Bedeckungsereignis des Doppelsternsystems VV Cep der Jahre 1997-98 bot wie bei den vorausgegangenen Bedeckungen einigen Forschern wieder gute Gelegenheiten, das System nach unterschiedlichsten Gesichtspunkten zu analysieren.

Bauer e.a. [1] widmeten sich z.B. während der Bedeckung mit Hilfe des HST Fragen der Emissionsstrukturen von MgII und FeII in der ausgedehnten Atmosphäre des M-Überriesen, während Leedjärv et al. [2] aus den Ergebnissen UBV-photometrischer, Hα und FeII-spektroskopischer Studien und Ephemeridenänderungen ein verändertes Massenmodell sowie die kühlere Komponente als AGB-Stern vorschlagen. Zu Überlegungen mit sehr ähnlichen Vorschlägen hinsichtlich Massen- bzw. Sternmodell kommen auch Graczyk et al. [3] aus Untersuchungen mit Hilfe der UBVRI-Photometrie.

Mit einer Veröffentlichung zur Bestimmung des Anfangs, der Mitte und des Bedeckungsendes, abgeleitet aus spektroskopischen Beobachtungen der Hα-Emission und ihrem Zeitverhalten (Abb.1), sowie Überlegungen zur Dichte der Akkretionsscheibe des Be-Sterns hat Pollmann [4] beigetragen. Außerdem ist in dieser Arbeit sowohl vor der eigentlichen Bedeckung der Be-Sternscheibe aber im besonderen nach diesem Prozess eine ungewöhnlich große stochastische Schwankungsbreite der Hα-Emissionstärke in der Größenordnung von etwa 10 Angström beobachtet worden, wobei Extreme der Äquivalentbreite (EW) Werte von etwa 25 bzw. 7 Angström annahmen (Abb. 1).


Abb. 1: Zeitverhalten der Hα-Emission vor, während und nach der Bedeckung

Darüber hinaus scheint trotz dieser Streuungen nach der Bedeckung die EW innerhalb des hier dargestellten Zeitraums mit einer Steigung von etwa 1 Angström/200d beständig zugenommen zu haben.

Es ist nicht möglich, allein aus diesem Beobachtungsmaterial zu beurteilen, inwieweit es sich dabei um eine Erscheinungsform handelt, die ausschließlich auf quantitative Beiträge aus der Be-Sternscheibe herrühren, oder durch Massentransfer zwischen den beiden Komponenten, oder beides zusammen. Wie dem auch sei, es erscheint auf jeden Fall sinnvoll, dieses Erscheinungsbild im Sinne eines Langzeitmonitorings bis zum nächsten Bedeckungsprozess im Jahre 2017 zu überwachen.

Spektroskopische Langzeitbeobachtungen deutlich außerhalb der Bedeckung 1956/57 bzw. 1977/78 sind bisher lediglich von Wright [5] bekannt geworden. Darin gibt das V/R-Verhältnis der Hα-Emission zum ersten Mal grob Auskunft über ein mögliches quasi-zyklisches Verhalten der Dichtestruktur der Be-Sternscheibe (Abb. 3). Zwar ist hier nahezu der gesamte Phasenbereich von 0 -1 mit Messpunkten abgedeckt, die Beobachtungsdichte ist jedoch für eine zuverlässigen Analyse bzw. Schlußfolgerung viel zu gering.


Abb. 2: Das V/R-Verhältnis im Hα-Emissionslinienprofil

Die Verfügbarkeit eines eigenen spaltlosen Gitterspektrographen mit 42 Angström/mm Dispersion an einem 20cm SC-Teleskop bei λ/Δλ = R = 16000 bei Hα ermöglicht seit Okt. 2000, spektroskopische Daten zur Klärung dieses möglichen zyklischen Verhaltens des V/R-Verhältnisses (Intensitätsverhältnis des Violetten zum Roten Gipfel Iv : IR = V/R im Doppelpeak der Wasserstoffemissionslinie Hα) beizutragen.

Eine Gegenüberstellung von CCD-Spektren aus den Phasen 0,14 bzw. 0,24 in Abb. 2 macht deutlich, in welch drastischer Weise sich das V/R-Verhältnis der Hα-Emission verändert hat. Dieser Phasenabschnitt vom 3.11.00 bis 10.12.02 konnte mit guter Beobachtungsdichte bereits den Daten von Wright [5] hinzugefügt werden (Abb. 3), wobei jedoch bedauerlich ist, dass gerade der Abschnitt von 0-0,1 wegen Nichtverfügbarkeit des Gitterspektrographen nicht abgedeckt und somit der unerklärlich hohe V/R-Anstieg ausgerechnet in diesem Bereich nicht bestätigt werden konnte.


Abb. 3: Phasenabhängigkeit des V/R-Verhältnisses von Wright und Pollmann

Andererseits bestätigen die auf diese Weise kombinierten Daten deutlich den Realitätsgehalt der Verringerung des V/R-Verhältnisses um einen Faktor von etwa 2,0, sie deuten aber auch zugleich auf beachtliche Streuungen der V/R-Werte selbst hin.

Zu gegebener Zeit wird an dieser Stelle über das weitere (spannende) Verhalten des V/R-Verhältnisses zu berichten sein.

Ernst Pollmann, Charlottenburger Str. 26 c, 51377 Leverkusen, Tel.: 0214-91829, E-Mail

Literatur:

[1] Bauer, W. H.; Bennett, P. D.; Brown, A.; 1998 AAS...193.4513B
[2] Leedjärv, L.; Graczyk, D.; Mikolajewski, M.; Puss, A. A&A 349, 511
[3] Graczyk, D.; Mikolajewski, M.; Janowski, J.L.; IBVS 4679, 1999
[4] Pollmann, E., IBVS 5173, 2001
[5] Wright, K. O., 1977, JRASC, 71, 152

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