Wolfgang Quester
Öfter schon ist in der BAV über die Verfahren zur Bestimmung von Maximumzeiten bei RR-Lyrae-Sternen diskutiert worden. Immer stellte sich die Frage ob es eine beste Methode dafür gäbe. Eine Grafik von Willson (1986) verdeutlicht die Wahlmöglichkeiten, und das sind nicht einmal alle.
Abb. 1: Eine asymmetrische und verrauschte Lichtkurve und gemessene Maximumzeiten, abgeleitet als (A) die hellste Einzelbeobachtung, (B) der höchste Punkt einer geglätteten Meßreihe aus 3er Mitteln, (C) Extrapolation der Mittellinie von Sehnen der Lichtkurve (Hertzsprungs Methode oder Pogson-Linie), (D) Maximum eines Polynoms als mittlere Lichtkurve (durchge-zogene Kurve) .
Sollte trotzdem ein Beobachter übermütig werden, dann zeigt ihm Abb. 2 was noch an Scheußlichkeiten bei RR-Lyrae-Sternen möglich ist.
Abb. 2: Wo ist das Maximum von RV CrB?
Nun aber zu TU UMa. Dieser Stern hat jahrzehntelang den Versuchen widerstanden, seine stark streuenden B-R zu deuten. In den 80er Jahren argumentierten Szeidl et al. (1986), dass der RR-Lyrae-Stern die hellere Komponente eines Doppelsterns sei und dass die B-R durch den Lichtzeiteffekt beim Bahnumlauf erzeugt würden (Abb. 3). Ein Umlauf dauert 23 Jahre. Saha und White (1990) brachten spektroskopische Messungen in die Diskussion ein, die die Vermutungen von Szeidl et al. bestätigten. Seither verfolgen weitere Fachastronomen den Stern, weil er die Möglichkeit bietet, die genaue Masse eines RR-Lyrae-Sterns festzustellen. Auch erwartet man nahe dem Periastron einen Einfluss des Begleiters auf die Lichtkurve. Das soll im Jahr 2011 der Fall sein. Der Abstand der beiden Sterne wird dann nur 2 AE betragen. Zu den Beobachtern gehört auch eine Arbeitsgruppe der Pennsylvania State University unter R. A. Wade.
Berichte über TU UMa erschienen u. a. auch im BAV Rundbrief (Quester 1991). Seit damals steht TU UMa auf meinem Beobachtungsprogramm und alle Maximumzeiten derer ich habhaft werden kann, wandern in ein Programm zur Periodenkontrolle. Das geschah auch mit denen, die Donley et al. (2002) veröffentlichten. Beim Vergleich ihrer Zeiten mit denen von BAV-Beobachtern zeigte sich, dass die BAV-Maxima um 4 bis 5 Minuten früher lagen. Es galt, die Ursache dafür zu finden.
Abb. 3: B-R von TU UMa nach Saha und White (1990). Die Kurve entspricht der berechneten Bahn, die Punkte den verwendeten Maxima. Die nach unten weisende Zacke zeigt den Flug des RR-Lyr-Sterns durchs Periastron an.
Die BAV-Beobachter hatten zur Maximumbestimmung die Methoden (C) oder (D) aus Abb. 1 angewendet. Die Gruppe um R. Wade und J. Donley hatte ein weiteres Verfahren angewendet, das ebenfalls von Willson (1986) erwähnt wird: Unter der Voraussetzung, dass die Lichtkurve des fraglichen Sterns konstant bleibt, kann man aktuelle Messungen mit einer Musterlichtkurve überlagern. Deren Maximum dient als Zeiger auf das Maximum der aktuellen Lichtkurve.
Schon wenige Tage nach meiner Bitte an R. Wade, die Musterlichtkurve zu schicken, hatte ich sie im Computer und konnte meine Lichtkurven damit auswerten (Abb. 4). Sie gilt nur für Messungen im V-Bereich. Drei Folgerungen konnten gezogen werden: 1) Das Muster stellte auch meine Messungen gut dar. 2) Mit Polynomen als Ausgleichskurve des Musters erhält man eine Verfrühung der Maximumzeit, die aber noch im Rahmen der Standardabweichung mit der Angabe in IBVS 5273 übereinstimmt. 3) Auf andere Lichtkurven angewendet ergab das Muster Maxima, die 3 bis 5 Minuten später lagen als die mit Ausgleichskurve und Pogson-Linie bestimmten.
Abb. 4: Überlagerung eigener Messungen mit V-Filter (dunkle Dreiecke) mit dem WADE-Muster (offene Rauten). Die beiden Rauten bei JD ...,4632 ober- und unterhalb der Kurve zeigen das Maximum an.
Aus der Bearbeitung von TU UMa ziehe ich folgende Schlüsse:
1. Die systematische Differenz zwischen BAV und Wade/Donley ist offenbar durch die unterschiedlichen Auswerteverfahren entstanden.
2. R. WADE führt sein TU UMa-Projekt weiter und wird Maximumzeiten mit seiner Musterlichtkurve bestimmen.
3. Ich werde künftig mit dem WADE-Muster auswerten und meine Messungen und Maximumbestimmungen weiterhin an R. WADE zum Zeitvergleich schicken.
4. Bei RR-Lyr-Sternen ist nicht allein die Zeit des Maximums anzugeben, sondern auch wie sie bestimmt wurde.
5. Die BAV sollte möglichst viele Maxima von TU UMa lichtelektrisch mit V- Filter messen und mit einem einheitlichen Verfahren auswerten.
DONLEY J., FRIED R., JONES C., WADE R. A. 2002: Light maxima of the RRab variable TU UMa in early 2002. IBVS Nr. 5273
QUESTER W. 1991: TU UMa - ein Doppelstern. BAV Rdbrf 40, S. 108
SAHA A., WHITE R. E. 1990: A new velocity curve of the RR Lyrae star TU Ursae Majoris: Evidence for duplicity. PASP 102, 148-156
SZEIDL B., OLAH K., MISZER A. 1986: Comm. Konkoly Obs. 10, Teil 3, Nr.89
WADE R. A., DONLEY J., FRIED R., WHITE R. E., SAHA A. 1999: A timing model for the RR Lyrae variable star TU Ursae Majoris, a probable member of a binary system. AJ 118, 2442 ff.
WILLSON L. A.1986: "The O-C Diagram: A useful Tool" in The Study of Variable Stars Using Small Telescopes (Ed. J. R. PERCY) Cambridge Univ. Press (1986), S. 219 ff.