CCD-Kameras sind nicht nur wunderbare Geräte, um Deep-Sky Objekte mit verhältnismäßig kurzen Belichtungszeiten abzubilden. Sie haben auch die Messtechnik der Amateure revolutioniert: Zunehmend werden sie für astrometrische und fotometrische Zwecke verwendet. Ortsbestimmungen und Rotationslichtkurven von Asteroiden, Lichtkurven und Neuentdeckungen von Veränderlichen durch Amateure finden sich immer öfter in der Fachliteratur. Dabei ist die Fotometrie die unbekanntere der beiden Messmethoden. Ihre Grundzüge sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. Und falls Sie Fragen haben, können Sie sich gern an mich wenden.
Schon bei der Auswahl einer Kamera müssen Punkte beachtet werden, die die Messgenauigkeit und den Arbeitsaufwand bei der späteren Auswertung beeinflussen. Wichtig ist eine stabilisierte Kühlung des CCD-Chips. Dadurch ist gewährleistet, dass der Dunkelstrom während einer Beobachtungsnacht konstant bleibt und man sich auf wenige Dunkelbilder oder sogar nur eines am Anfang der Beobachtungen beschränken kann. Man kann sich dann auch eine Sammlung von Dunkelstrombildern für die verwendeten Belichtungszeiten und Chiptemperaturen zulegen, auf die man zurückgreift.
Dunkelstrom und Ausleserauschen sollen gering sein, um einen möglichst großen Dynamikumfang der Bilder zu erhalten und das Auslesen der Bilder soll mindestens mit 12 bit erfolgen, 14 oder 16 bit sind bei guten CCD-Kameras üblich.
Entscheiden Sie sich für eine Kamera, die einen Chip ohne Anti-Blooming und ohne Interline Strukturen enthält. Beides vermindert die lichtempfindliche Fläche der Pixel. Z. B. gibt die Firma SBIG an, dass Chips mit Anti-Blooming 30% weniger empfindlich sind als die ohne.
Ratsam ist auch, einen Chip mit guter Blauempfindlichkeit zu wählen.
Wählen Sie die Größe der CCD-Pixel so, dass ein Stern mit Ihrem Fernrohr auf mindestens zwei Pixel abgebildet wird. Die Brennweite meines 20-cm Cassegrain habe ich von 1,80 m auf 1,28 m (f/6.4) verkürzt. Damit bin ich an der Grenze des Undersampling, weil ich üblicherweise 2 X 2 binne, d. h. vier originale Pixel werden zu einem "Superpixel" zusammengeschaltet. Das gibt Pixel von 2,8" Kantenlänge, bei durchschnittlich 5" Seeing also gerade zwei Pixel pro Sternbildchen. Der Vorteil ist, dass dadurch die Kamera empfindlicher wird, allerdings wird der Sättigungsbereich der Pixel schneller erreicht.
Meine Belichtungszeiten sind standardmäßig 1 Minute, selten 2 Minuten. Dann kann es passieren, dass die Sternbildchen etwas länglich werden, das tut der Fotometrie aber keinen Abbruch.
Für Planeten- und Mondaufnahmen werden heute auch gerne Webcams und Digitalkameras eingesetzt. Für genaue Messungen veränderlicher Sterne scheinen sie eher ungeeignet, für die Überwachung heller Sterne mögen sie geeignet sein.
Software, die mit CCD-Kameras geliefert wird, enthält i. Allg. nur einfache Funktionen zur Fotometrie. Sie reichen aber aus, um erste Schritte auf diesem Gebiet zu wagen. Es gibt spezielle Programme für die Fotometrie von Sternen auf CCD-Bildern, aber die möchte ich hier nicht besprechen.
Dagegen finden sich raffinierte Programme zur Bildverarbeitung häufig schon in der Grundausstattung. Aber wenn die Aufnahmen fotometrisch ausgewertet werden sollen, ist ihre "kosmetische" Bearbeitung schädlich. Nur Dunkelstrom- und Flatfield-Korrektur müssen angebracht werden.
In vielen Fällen wird das Ergebnis einer Messung als Helligkeit in Größenklassen angezeigt. Man muss sich bewusst sein, dass das nur ein Rohwert ist, der mit Kataloghelligkeiten wenig zu tun hat. Wie daraus eine aussagekräftige Messung wird, soll uns in den nächsten Abschnitten beschäftigen.
Man kann davon ausgehen, dass mit visuellen Schätzungen eine Genauigkeit von etwa 0,1 Größenklasse erreichbar ist. Der Einsatz einer doch recht teuren CCD-Kamera lohnt sich nur, wenn diese Genauigkeit erheblich verbessert werden kann. Ziel der Messungen sollte sein, den mittleren Fehler der Einzelmessung auf unter 0,05 mag zu drücken. Ein Weg dahin ist, die Belichtung so lang zu wählen, dass die zu messenden Sterne einen genügenden Abstand vom Rauschpegel aufweisen. Ein mittlerer Fehler (Standardabweichung) der Einzelmessung von 0,05 mag bedeutet, dass das Signal-Rausch-Verhältnis besser sein muss als 20. Anders gesagt, das Rauschen darf höchstens 5 % des Signals betragen. Welche Belichtungszeit das bedeutet, muss jeder für sein Instrumentarium herausfinden.
Die ersten Messungen mit einer neuen Kamera werden zumeist ohne Verwendung von Filtern gemacht. Die spektrale Empfindlichkeit der meisten heute erhältlichen Chips reicht vom blauen Licht bis in infrarote, uns unsichtbare Wellenlängen. Das heißt, dass wir ohne Filter Helligkeiten im durch Optik und Chip vorgegebenen Spektralbereich messen. Das ist wirkungsvoll und liefert gute Ergebnisse bei der Verfolgung von RR-Lyrae-Sternen und Bedeckungsveränderlichen. Überwachung ihrer Perioden ist von astrophysikalischem Interesse und die Zeiten ihrer Maxima und Minima lassen sich aus CCD-Lichtkurven genau bestimmen.
Ja, selbst bei der Suche nach den Ausbrüchen kataklysmischer Sterne oder Supernovae in fernen Galaxien kann so gearbeitet werden. Hierbei ist die frühe Entdeckung eines Ausbruchs und das Alarmieren der Fachwelt wichtig. Die Angabe von Helligkeiten in einem Standardbereich zur Darstellung der Lichtkurve steht demgegenüber im Hintergrund.
Und auch die Rotationslichtkurven von Planetoiden lassen sich ohne Filter bestimmen.
Ich möchte aber auf die Nützlichkeit eines IR-Sperrfilters hinweisen. Es bewirkt, dass Strahlung des nahen Infrarot (NIR, λ > 700 nm) nicht zum Bild beiträgt. Für die Arbeit mit Refraktoren ist das unerlässlich, weil ihre Objektive für beste Fokussierung des sichtbaren Lichts ausgelegt sind. Längerwelliges Licht führt zur Unschärfe der Sternbildchen. Bei Reflektoren spielt dieser Grund im Allg. keine Rolle, aber auch sie können Glaslinsen enthalten (Bildfeldkorrektor, Telekompressor). Ferner bewirkt die Lufthülle eine spektrale Aufspaltung des Lichtstrahls bei Messungen nahe dem Horizont. Sie wird durch Ausblenden des NIR verringert.
Wichtig ist bei der Fotometrie veränderlicher Objekte, dass auf jedem Bild außer dem veränderlichen mindestens zwei Vergleichssterne gemessen werden, deren Helligkeit und deren Farbindex sich nicht wesentlich von der des veränderlichen Objekts unterscheidet. Wenn ihre Helligkeitsdifferenz über die Dauer der Bildserie auf wenige hundertstel Größenklasse konstant ist, kann man davon ausgehen, dass auch die Differenz Veränderlicher minus Vergleichsstern diese Genauigkeit erreicht. Die Helligkeitsdifferenz in mag - z. B. Veränderlicher minus Vergleichsstern 1 - ist es, die zum Zeichnen der Lichtkurve über der Beobachtungszeit aufgetragen wird. Man nennt diese Art der Messung "differentielle Fotometrie". Immer wieder stellt sich auch heraus, dass Vergleichssterne nicht konstant sind. Viele Veränderliche sind so auch von Amateuren entdeckt worden, z. B. V1489 Aql, V1490 Aql, V1492 Aql, V2181 Cyg.
Dann wird das Fernrohr mit Kamera auf das gewünschte Sternfeld gerichtet. Das kann mit der "GO TO" Funktion der Nachführung geschehen, aber auch mit dem Sucher. Für die Abbildung des Sternfelds brauchen wir keine lange Brennweite. Ein "Standardteleskop" mit 2m Brennweite z. B. bildet ein Feld von 12' x 8' auf den Kodak Chip KAF 4001 ab. Das reicht, um beispielsweise einen im Sucher sichtbaren Stern auf den Chip einzustellen und sich dann mit Hilfe der kontinuierlich Bilder liefernden Focus-Funktion der Kamera mittels "Starhopping" an die gewünschte Stelle zu bewegen. Auf dem Bildschirm sollten schließlich der Veränderliche und die beiden Vergleichssterne zu sehen sein.
Die erste Aufnahme dient der Ermittlung der geeigneten Belichtungszeit. Die ausgewählten Sterne sollen gut belichtet sein, allerdings nicht die Sättigung der Pixel erreichen. Wenn die richtige Belichtungszeit gefunden ist, können Serienaufnahmen beginnen. Im Abstand von wenigen Minuten gibt der Verschluss den Lichtweg frei. So sammeln sich im Laufe einiger Stunden 50 oder mehr Bilder auf der Festplatte.
Diese Menge von Bildern zu vermessen ist mit den meisten Programmen, die zu Kameras mitgeliefert werden, sehr unhandlich. Es gibt aber Programme, die das leisten.
Bevor es ans Messen geht, muss von jeder Aufnahme der Dunkelstrom abgezogen werden, und die Aufnahmen müssen Flatfield-korrigiert werden. Wie die Flatfield-Korrektur vor sich geht, steht in der Anleitung der Kamera.
Die Helligkeitsmessung auf einem CCD-Bild geschieht im einfachsten Fall wie eine Messung am Himmel. Man nennt das Verfahren auch Blenden- oder Apertur-Fotometrie. Der Stern wird von einer kleinen Blende umfangen. Die Software summiert die Werte jedes in der Blende enthaltenen Pixel auf. Zu jedem Pixelwert trägt der Himmelshintergrund ebenfalls bei. Um die Himmelshelligkeit abzuziehen, muss die Blende an eine sternleere Gegend bewegt werden. Der dort gefundene Wert wird von der Messung "Stern + Himmelshintergrund" abgezogen. Das geschieht automatisch, denn die Programme fordern, dass die Messung des Himmelshintergrunds als erstes erfolgt. Beim Messen der Sterne wird dann der Hintergrund berücksichtigt. Die Messwerte werden als Rohhelligkeit in Größenklassen angezeigt. Die Rohhelligkeiten sind Werte, die aus internen Vorgaben der Kamera-Fernrohrkombination bestimmt werden. Sie weichen generell von Kataloghelligkeiten ab. Das ist nicht verwunderlich, denn Katalogwerte beziehen sich auf definierte Spektralbereiche z. B. des UBV-Systems und auf die Sternhelligkeit außerhalb der Erdatmosphäre.
Andererseits gibt es Programme, die das Intensitätsverhältnis zwischen zwei gemessenen Sternen anzeigen. Dies muss in Helligkeitsdifferenzen δmag umgerechnet werden mit der Formel
In dieser Gleichung ist die Helligkeitsdifferenz negativ, wenn Stern 1 schwächer ist als Stern 2.
Die Messung von Himmel und Stern kann gleichzeitig erfolgen, wenn um die Blende in der der Stern steht, eine Ringblende gelegt wird, in der der Himmelshintergrund gemessen wird. Man sieht, dass dies nur in sternarmen Gegenden möglich ist. Jeder Stern in der Ringblende verfälscht das Ergebnis.
Ein neueres Verfahren ist die Messung der Punkt-Spreizungs-Funktion (PSF) der Sterne. Bei einer gut belichteten Aufnahme verteilt sich das Abbild der Sterne auf mehrere Pixel. Im Zentrum eines Sternbildes ist die Zählrate am höchsten, zum Rand hin fällt sie ab. Das Profil vieler Sternbilder wird gemittelt und als mathematische Funktion, die PSF, ausgedrückt. Sie wird bei der Messung jedem Stern angepasst. Mit diesem Verfahren lassen sich sogar Sternhelligkeiten in Kugelsternhaufen messen. Es ist üblich in professionellen Fotometrieprogrammen.
Beim Fotometrieren entsteht eine Tabelle mit Uhrzeit, Rohhelligkeiten der gemessenen Sterne oder ihrer Differenzen. Die Differenzen zwischen einem Vergleichsstern und dem Veränderlichen über der Zeit aufgetragen bilden die Lichtkurve aus der sich die Zeit des Minimums oder Maximums ableiten lässt. Bei Streuung der Messwerte kann man auch die mittlere Helligkeit zweier Vergleichssterne ausrechnen und die Differenz zum Veränderlichen gegen diese Basis bilden. Das glättet die Lichtkurve.
Die folgenden Sterne sind ziemlich hell und die Vergleichssterne stehen nahebei. Ihre Lichtkurven sind bekannt, so dass die eigenen Messungen gut mit denen anderer Beobachter verglichen werden können.
Stern | RA (2000) | Dekl. | Helligkeit | Epoche 0 | Periode | Art |
---|---|---|---|---|---|---|
RT And | 23h11,2m | +53°02' | 8.6 - 9.5 | 2447803,5094 | 0,62892942 | Algol |
OO Aql | 19h48,2m | +09°18' | 9,2 - 10,0 | 2450719,3894 | 0,50679062 | W UMa |
DM Cyg | 21h21,2m | +32°11' | 10,9 - 12,0 | 2442582,4036 | 0,41986151 | RR Lyr |
GR Tau | 04h01,1m | +20°26' | 8.1 - 8.6 | 2444573,1163 | 0,42985067 | Algol |
X Tri | 02h00,6m | +27°33' | 8,9 - 11,9 | 2449641,540 | 0,9715293 | Algol |
Epoche 0 ist das Julianische Datum eines Minimums oder Maximums, die Periode ist in Tagen angegeben. Mira- oder andere rote Veränderliche stehen nicht auf der Liste. Sie sollten mit V- oder I-Filter beobachtet werden.
Lichtkurve von DM Cyg
Die Abbildung zeigte die Lichtkurve des RR-Lyrae-Sterns DM Cygni gemessen am 8/9. September 1997 mit einer ST-7 ohne Filter am 20 cm Cassegrain f/9. Die Belichtungszeit der Bilder betrug 60 Sekunden. Zeit des Maximums: 22:15 UT = JD 2450700,4273 geozentrisch. Auf jedem der 38 Einzelbilder wurden der Veränderliche und zwei Vergleichssterne gemessen. Oberhalb der Lichtkurve des Veränderlichen war die Differenz zwischen den Vergleichssternen aufgetragen. Der mittlere Fehler einer Messung beträgt ±0,02 mag.
Lichtkurve von X Tri
Die Abbildung zeigte eine Lichtkurve des Bedeckungsveränderlichen X Trianguli gemessen am 20/21. Dezember 2000 mit demselben Instrument f/6,4 und V-Filter bei 30 Sekunden Belichtungszeit. Zeit des Minimums: 22:44:20 UT = JD 2451899,3641 geozentrisch. Wieder zeigten die Rauten die Differenz zwischen den Vergleichssternen. Trotz Wolkendurchzug ergab sich eine schöne Lichtkurve. Es ist eine Stärke der CCD-Fotometrie, dass Messungen auch möglich sind, wenn der Himmel nicht ganz klar ist. Das liegt daran, dass die Aufnahmezeit für alle Sterne identisch ist und die Atmosphäre sich auf alle Elemente des kleinen Bildfelds praktisch gleich auswirkt.
Lichtkurve von (440) Theodora
Die Abbildung zeigte eine Lichtkurve des Kleinplaneten (440) Theodora vom 25. Januar, gemessen von P. Frank. Der Kleinplanet wurde mit 30 (!) Sternen verglichen. Dabei konnte der mittleren Fehler bei den Vergleichsternen auf 0.009 mag gedrückt werden.
Screenshot von AIP4WIN mit XZ And
Das Feld zeigte den Bedeckungsveränderlichen XZ Andromedae (V, rechts oben) mit dem Vergleichsstern (C, links oben) und dem Kontrollstern (K, Mitte). Daneben die Einstellmöglichkeiten des "Photometry Tool". Die Blendenkreise um die Sterne sind im Original blau, hier für besseren Kontrast weiß dargestellt.